• The Painted House | Willkommensrede

The Painted House | Willkommensrede

Liebe Kunst interessierte Freunde

Es freut mich sehr, Ihnen meine Haus-Innereien zeigen zu dürfen und Sie vielleicht dadurch zu inspirieren.

Mit etwas Phantasie und künstlerischem Handwerk habe ich unser Zuhause gestaltet – und es ist noch lange nicht fertig! Ich kann Ihnen eine Meerjungfrau oder einen Blumengarten an die Wand malen. Ich habe sogar eine Hauswand in Wetzikon mit einem Mountainbiker geschmückt, eine Wand in einem Restaurant in Deutschland bebildert und mit 16 Jahren eine Disco in Kenia mit Palmen bemalt.

Als wir wegen Corona in unseren Innenräumen eingesperrt wurden, begann ich Bilder von unseren Räumen zu malen. Ich war die erste, die ich kannte, welche Corona hatte. Eingesperrt in meinem Schlafzimmer brachte mir mein Mann das Essen auf einem Tablett, natürlich mit Einweghandschuhen. Ich kann es mir kaum noch vorstellen! Ich wurde mit Computer, Netflix, meiner Staffelei und Farben versorgt. So ausgestattet habe ich unser Schlafzimmer aus jeder Richtung gemalt. Ein Beispiel, wie die Quellen der Kunst aus wahren Lebensverhältnissen fließen.  

So sehe ich meine Rolle als Künstlerin Ihnen die Welt zu zeigen, in der wir leben. Ich hebe Aspekte dieser Welt hervor, um neue Erkenntnisse zu vermitteln, wie wir leben und das Gemeinsame, das Verbindende zu fühlen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Kunst von Menschen für Menschen gemacht wird und als solche unsere menschliche Natur und unserer Sehnsucht nach Schönheit und Gemeinschaft Raum gibt. Ich weiß, dass wir Kunst brauchen. Kunst ist eine lebenswichtige Form des menschlichen Ausdrucks, so wie unsere Sprache. Beides sind lebenserhaltende Kräfte.

In Zeiten, in denen KI immer präsenter wird, wir Texte ohne Menschenhand schreiben, Bilder ohne Pinsel malen, finde ich es von größter Wichtigkeit, uns wieder auf unserer Identität zu besinnen.

Was macht uns Menschen aus?

Haben wir noch ein Bild vom Menschen?

Wir haben eine Moral – auch eine ästhetische Moral und zwar dann, wenn die Ethik ihrem Prinzip nach Realisierung des Guten anbindet an die Hervorbringung der anmutenden Form – das ist eine Form, die uns Mut macht. Wir leben in einer beseelten Welt, weil wir Seele in uns fühlen. Eine Maschine hat das nicht. Ein Computer ist ein Rechner, der eine Menge von Einheiten auswertet, doch ohne Gefühle. Er besitzt keine Moral und kein ästhetisches Empfinden. Er hat nichts Eigenes und arbeitet nur mit dem, dass wir ihm vorher zur Verfügung stellen.  

Was sagt uns das?

Das wichtigste, wodurch wir uns von der Maschine unterscheiden, ist unser Menschsein zu erfassen durch Kunst.  

Wenn ich ein Bild male, wird das Werk von mir „beseelt“, in dem ich, wenn ich gegenständlich male, das Objekt anschaue, es verinnerliche, um es danach auf einer Fläche ins 2-dimensionale zu übersetzen. Dies ist der wichtigste Schritt. Und zwar nicht, wie ein Foto, dann wäre ich nur nachschaffend von etwas, was es schon gibt. Ich will aber selbstschöpferisch neuschaffend sein!

Die Kunst widmet sich nie dem Faktischen, sondern dem Möglichen. Das ist weiter ist als das Faktische. Würde sie nur das Faktische nehmen, wäre sie nur eine nachschaffende Kraft. Ich will nicht einfach kopieren, sondern das „Mehr“ zeigen, das über alles hinaus weist! Das Perfekte ist unlebendig, das betonte bereits Goethe – das Schöne befindet sich im Bewegten, im Lebendigen, im Imperfekten – wie wir es sind.

Das Schöne kann sich nicht alleine aus sich selbst heraus offenbaren. Es braucht den erlebenden Menschen. Das gilt auch für das Hässliche, welches in der Kunst ebenfalls gestaltet wird. Allein das Böse kommt von selbst hervor und befällt uns.

Wenn ich in eine Ausstellung gehe, kann ich zur 90% sagen, welche Werke einen fotographischen Grund hatten. Sie wirken nicht „beseelt“ wie etwas, das im Ganzen vom Menschen gemacht wurde. Denn wenn etwas von einem Mensch gemacht ist, und weil ich auch ein Mensch bin, kommt etwas zu Deckung: ich erkenne etwas von mir selbst im Bild – denn nur Bekanntes kann sich in Beziehung setzten.

Das heisst, es wohnt das Menschliche in der vom Menschen gemachten Kunst.

Bildbetrachtung gibt uns ein Gefühl von Gemeinschaft, von Miteinander. Es zeigt uns auch, dass es etwas anderes gibt als das Alltägliche und weitet unseren Horizont. Wir brauchen etwas, was uns über das Alltägliche hinaus führt und uns immer wieder neu frei macht. Dazu haben wir die Kunst, damit wir das Alltägliche überhaupt ertragen können (Nietzsche). Darüber sind wir uns viel zu wenig bewusst, weil es anscheinend automatisch zu gehen scheint. Doch das ist ein gefährlicher Irrtum.  

Wir suchen Freiheit und Unendlichkeit, weil beide die Idee im Menschen ist.

Zum Beispiel: Fast jeder von Ihnen findet einen Sonnenuntergang schön, oder?

Und zwar deshalb, weil im Sonnenuntergang sich das unendlich Schöne in der Natur wiederspiegelt und wir dadurch uns an unsere eigene geistige Unendlichkeit erinnern. Farbe ist das seelische Gewand der Natur, und wir nehmen daran Anteil. Stellen Sie sich eine Welt ohne Farbe vor? Wir würden seelisch erkranken.

Wir leben in einer beseelten Welt und sie lebt in uns.

Wir müssen in der Lage sein, in das Schöne einzutauchen, eine Reise in unsere Vorstellungskraft zu genießen, die erstaunlichen Dinge zu feiern, zu denen wir fähig sind, und den unglaublichen Planeten, auf den wir gesetzt wurden. Und wir müssen uns für die Fragen interessieren, auf die es keine Antwort gibt. Das ist menschlich.

Somit ist der einzige Weg gegen KI anzukämpfen, uns davon abzuheben, etwas dagegen zu setzten, und zwar mit dem menschlichsten Ausdruck den wir haben – die selbstschöpferische Kraft der Kunst, die in jedem Menschen als Kunstkraft lebt. So etwas hat die Maschine nicht.  

Dazu müssen Sie als Betrachter auch etwas mitbringen, etwas wissen – um künstlerisch schauen zu können! Sie müssen eingehen können auf  Farbe, Form und Bewegung – die wesentlichen Bestandteile eines Kunstwerkes.

Es wird bereits viele Jahre geforscht, von verschiedenen Neurowissenschaftlern auf der ganzen Welt, wie Kunst auf uns wirkt. Und es ist mittlerweile bewiesen, dass Kunst jeglicher Art auf unser Gehirn in vielfältiger, dynamischer Weise einwirkt und dass sich neuronale Netze bilden, die eine erhöhte, komplexe Konnektivität aufweisen. Mit anderen Worten: Kunst kann unsere Gehirne "formen" und sogar "streicheln".  Wenn wir also sagen, dass uns ein Kunstwerk bewegt, dann ist das tatsächlich der Fall.

Die Liste der Bereiche, die durch Kunsterleben verbessert oder gemildert werden können, ist atemberaubend, unter anderem Lebenszufriedenheit, Lebenssinn, Wohlbefinden, Einsamkeit, soziale Unterstützung, Selbstwertgefühl, Depression, kognitiver Verfall, Demenz, Emotionsregulierung, chronische Schmerzen, Gebrechlichkeit und vorzeitige Sterblichkeit.

Der berühmte Neurobiologe Semir Zeki sagt: "(Der Mensch) kann nur dann einen Begriff von Schönheit bilden, wenn er sich ernsthaft mit Kunst beschäftigt".

Er fand heraus, dass Schönheit mit Aktivität eines ganz bestimmten Teil des Gehirns verbunden ist und immer die gleiche Erregung auslöst – das macht sie messbar. „Wann immer man Schönheit empfindet, beeinflusst diese Erfahrung einen großen Teil des emotionalen Gehirns... In hässlichen Räumen neigen Menschen dazu, sich asozial zu verhalten. Die Bedeutung der Schönheit wurde von Architekten, die Sozialwohnungen entworfen haben, lange Zeit übersehen."

Gerade erschien sogar ein Beitrag im National Geographic über die Wichtigkeit der Kunst für den Mensch.

Farbe steigert Energie und Stimmung. Ein farbiges Umfeld kann dazu beitragen, dass man weniger Fehler macht. Farbe erhöht das Vertrauen in Anderes. Darum, wenn sie sich satt gesehen haben, eventuell noch ein Stück Kuchen im Garten genossen haben, ermuntere ich sie, entweder mit einem Bild die eigenen Wohnräume zu steigern oder Räume freudvoll mit Farbe zu erneuern. Gerne biete ich dazu eine Beratung an.

Wer selbst zum Pinsel greifen möchte – für dich habe ich meinen Kunstmalkurs im Juli!

Herzlichen Dank fürs zuhören!

© Sibylle Laubscher