• Artist Talk 21 Sept 23 | in flow - die Magie dynamischer Bewegung

Artist Talk 21 Sept 23 | in flow - die Magie dynamischer Bewegung

 

Warum mache ich an dieser Ausstellung mit?

Kunstwerke die nicht gesehen werden existieren nicht.

Verstehen Sie warum das so ist?

Die Rezeption ist wichtig, Dinge die nicht wahrgenommen werden existieren nicht es muss alles über das Denken und Fühlen des Menschen gehen. Plato lehrt schon 500 vor Christus, dass wenn wir nichts erkennen = sehen können wir über nichts nachdenken.

Daher war ich sehr glücklich, dass Rama zwei Kunstwerke für die Ausstellung ausgesucht hat. Ich finde das Thema „in flow – dynamische Bewegung“ spannend. Wenn ich arbeite, dann bin ich sozusagen „im flow“ – plötzlich merke ich nicht mehr, ob die Musik spielt, ob ich hunger habe… alles ist der Kreativität untergeordnet.

Wobei ich eine kurze Exkursion zum Wort „Kreativ“ gerne machen wurde. Sie können es in meinem aktuellen ART Letter lesen.

Das Wort kreativ, bezogen auf das künstlerische Schaffen hat zum ersten Mal der Philosoph, Theologe, Mathematiker und Physiker Nikolaus von Kues, auch genannt „Cusanus“ (1401 – 1464), welcher während des Überganges vom Mittelalter zur Neuzeit stand. Von ihm ist bekannt: „De docta ignorantia“ (Über die gelehrte Unwissenheit).

Er hat eine Unterscheidung vorgenommen von Makrokosmos und Mikrokosmos.

Eine platonische Unterscheidung, welche die Welt als Ganzes und die Welt im Kleinen sieht. So wie Gott die Welt als Ganzes geschaffen hat, als Kreator, als Schöpfer des Ganzen, so soll nun der Mensch als Künstler diese Welt im Kleinen ebenfalls schaffen, in Form eines Kunstwerkes. Und dadurch realisiere der Mensch seine Gottesebenbildlichkeit, denn das einzige, was wir von Gott genau zu kennen glauben, ist, dass er der Schöpfer ist. Und wenn nun der Mensch sein Ebenbild sei, dann hat auch er ein Schöpfer zu sein. Kreativ tätig sein heißt analog zum Handeln Gottes, so wie Gott die Welt im Großen, so als Künstler eine Welt im Kleinen zu fertigen. Diese Analogie ist ursprünglich als „Kreativ“ verstanden worden.

In diesem Licht sehe ich auch mein Schaffen: ich will Kunstwerke kreieren, die etwas Numinoses, etwas Unerklärliches in sich tragen und lebendige Welten im Mikrokosmischen sind. Sie sollen über die Bilder des Alltäglichen hinaus weisen. Es muss geweitet und gedehnt werden um wieder frei zu werden.

Wie gelingt das? Dazu brauchen wir drei Säulen: Farbe (= Licht), Form (= Raum) und Bewegung (= Ausdruck). Ich versuche, die Bewegung des Schönen zusammen mit einem Sinn für das Spiel einzufangen.

Ich glaube, wir müssen unsere Welt gestalten, uns verzaubern lassen und einen positiven Beitrag leisten. Indem ich Kunstwerke schaffe, die ein Gefühl, eine Stimmung, etwas Spirituelles einfangen, gebe ich das Geschenk der Hoffnung, denn wir brauchen mehr als das Alltägliche.

 

Movement Bewegung oilpainting abstract abstrakt oelmalerei

Bewegung

 

Als Künstlerin liebe ich es mich in der Spanne zwischen sehr nah an der Natur bis sehr weit von der Natur weg, aber ohne die Natur komplett zu verlassen, zu arbeiten. Wir brauchen immer einen Rest Natur in einem Kunstwerk, weil wir auch ein Naturwesen sind und sonst keinen Zugang zum Werk haben. Denn nur Bekanntes kann sich in Beziehung setzten.

„Bewegung“ ist offensichtlich ein abstraktes Werk. Ich habe die Texte unter anderem von Wassily Kandinsky gelesen – hier, bei dem Aufbruch in die Abstraktion – hat er und Franz Marc festgestellt, das es nicht möglich ist, ein Bild vom Bild das ich jetzt malen werde, im Kopf auszudenken.

Warum?

Ganz einfach: weil ein Bild im Kopf rein geistiger Natur ist. Ein Bild auf der Staffelei ist aber Materie. Ich kann Geist nicht in Materie verwandeln. ABER die Materie zum Geist führen und sie entmaterilaiseren. Ich kann lernen zu Balancieren, ein Gefühl für das Werk zu bekommen und es dann, ohne Vorbild, auf die Leinwand bringen.

Farbe ist immer Form immanent. Das heißt, sobald ich eine Farbe auf die Leinwand bringe, hat dieser Farbfleck eine Form.

Damit arbeite ich. Was passt dazu? Welche Farbe, welche Form? Wo ist das Licht?

Ich spanne und grundiere meine Leinwände selbst. Ich verwende nur Europäische Leinen und hochwertiges Gesso. Jede Leinwand ist durch Nägel fixiert – ich möchte so viel wie möglich von Hand machen den Handwerk trägt zu meiner Inspiration entscheidend bei. Talent öffent sich nicht von selbst, sondern erst durch Handwerk. Ich bin überzeugt, Kunst ist von Menschen für Menschen und wir müssen das Menschliche wieder schätzen lernen.

 

 Susanna handprinted hand gedruckt holzdruck woodcut

Susanna

Susanna ist aus einem Projekt für die SGBK entstanden. Die Reihe der vier Frauen in Holzdruck realisiert habe ich „Reclaiming the Feminine | Women in Wood“ genannt.

Ich bin in England aufgewachsen, und pendle regelmäßig zwischen der Insel und die Schweiz.

In London ist es normal im Museum zu zeichnen, man wird sogar dazu aufgefordert! Seit meinem Studium in Manchester vor vielen Jahren, zeichne ich immer, egal wo ich bin, was mich gerade inspiriert und anregt. Seit dem ich Präsidentin der „Woman’s Career Network“ in Wien war, interessieren mich Frauen Themen und dies spiegelt sich immer wieder in meinem Schaffen.

Reclaiming the Feminine ist mein Versuch, Frauen zu Frauen zurückzubringen. In diesem Werk habe ich Frauen erforscht, die von Männern porträtiert und von Männern missbraucht wurden. Sie alle müssen ihre weibliche Identität zurückgewinnen, sich als mächtige Persönlichkeiten neu vorstellen und von Frauen für die Menschheit neu erfunden werden.

Ich sehe die Menschheit nicht als verschiedene Arten von Menschen, sondern eher als verschiedene Seiten ein und derselben Idee vom Menschen. Wir alle brauchen Liebe zum Leben, wir alle brauchen Beziehungen, und kein Mensch ist eine Insel. Warum müssen wir also unsere Unterschiede hervorheben, unsere sexuellen Wünsche betonen und uns entsprechend der Gruppe, der wir uns zugehörig fühlen, kleiden? Wir haben nur eine Welt, wir sind ein Volk. Warum können wir nicht einfach unsere Unterschiede annehmen, denn sie machen die Welt so viel interessanter, fröhlicher und kreativer, anstatt uns von denen zu entfremden oder zu trennen, von denen wir glauben, dass sie nicht so sind wie wir? Seien wir stolz darauf, wer wir sind, ohne Angst vor Diskriminierung.

Die Rückbesinnung auf das Weibliche ist wichtig, denn Frauen wurden jahrhundertelang unterdrückt, ignoriert und uns wurde gesagt, wir seien "irrational und daher nicht gut für das wirkliche Leben". Frauen werden in der Kunst oft nicht wahrgenommen und erscheinen selten in Kunstbüchern. Warum ist das so? Die Kunstgeschichte wurde überwiegend von Männern geschrieben. In den letzten 10 Jahren haben öffentliche Galerien und Museen in Deutschland NUR 10% der Kunst von Frauen erworben (in der Schweiz ist es nicht anders, wie ein Beitrag auf SRF Kultur zeigte)! Künstlerinnen verdienen in Deutschland immer noch 24% WENIGER als männliche Künstler mit gleicher Qualifikation. Ein paar Zahlen aus dem Arte-TV-Bericht, warum es mir wichtig ist, dass ich als Frau auch als Künstlerin eine faire Chance habe - wahrgenommen und gesehen zu werden.

Die Schweizerische Gesellschaft der Künstlerinnen (SGBK) wurde vor 120 Jahren gegründet, weil Frauen im damaligen Schweizerischen Kunstverein nicht zugelassen waren. Zum Glück haben sich die Dinge geändert, aber es ist nach wie vor wichtig, Frauen nicht nur als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft zu schätzen (unabhängig von ihrem Alter), sondern sie auch voll in den Dialog der Kunst zu integrieren, um ihre Erfahrungen und ihre Geschichte zu reflektieren. Ich widme mich zu 100 % meinem Beruf als Künstlerin und sie bestimmt mein Leben.

In Reclaiming the Feminine wollte ich keine Kopien der von Männern gemachten Frauenbilder schaffen, sondern die von Männern gemachten Ideen dieser Frauen neu interpretieren, neu erfinden, neu aufladen - und sie auf neue Weise, von einer Frau, präsentieren.

Susanna und die Ältesten

Inspiriert von „Susanna“, Skulptur von Frank Dobson (1888 - 1963), ca. 1925, Bronze

Susanna wurde von zwei Ältesten beim Baden beobachtet, die daraufhin Sex mit ihr haben wollten. Sie entgegnete, sie sei verheiratet und dies sei unter keinen Umständen möglich. Die Männer, die über ihre Weigerung verärgert waren, beschuldigten sie, sich mit ihrem Liebhaber unter einem Baum zu treffen, und sagten, sie sei eine untreue Ehefrau. David als Richter fragte jeden Mann einzeln, unter welchem Baum sie sich mit ihrem Geliebten getroffen habe. Jeder Älteste antwortete mit einem anderen Baum. Daher wurde Susanna begnadigt, da es sich offensichtlich um eine Lüge handelte.

Reduktiver Holzblockdruck mit einem Kiefernholzblock, handgedruckt ohne Presse. Die Ältesten wurden durch die zwei roten Punkte dargestellt.

 

Möchte ich noch etwas zu meinem Schaffen sagen?

Woran arbeite ich gerade?

Ich arbeite zur Zeit meiner Ausstellung „Mythen“ entgegen. Ich lese seit Jahren Texte und Bücher von Dr. Sharon Blackie – sie ist CG Jung Schülerin und die Geschichten von Archetypen und Mythen haben mich wahnsinnig inspiriert. Einladungen finden Sie hier.

Zudem habe ich soeben eine Pilgerreise nach St. David’s in Wales absolviert und arbeite daran meine Eindrucke und Inspirationen davon zu Papier zu bringen. Ich werde mit diversen Arbeiten an 3 Galerien in Wales über die nächsten 12 Monate zu sehen sein. (übrigens: Laut Papst Calixtus II (1123) sind zwei Pilgerreisen dorthin so viel wert wie eine nach Rom!).